Joep Bevings Liebe zum Klavier nahm 2014 eine überraschende Wendung, die Musik wurde für ihn zu einem Weg, dem Stress seiner Arbeit zu begegnen. Der niederländische Künstler begann zu improvisieren – »einfache Musik für komplexe Emotionen«, wie er selbst sagt. Mit Erfolg: Er veröffentlichte ein Album in Eigenregie und teilte es mit Familie und Freunden. Solipsism blieb keine private Angelegenheit, nachdem Beving es 2015 online der Welt vorstellte.
Innerhalb eines Jahres wurden Bevings musikalische Meditationen 85 Millionen Mal gestreamt und machten ihn zur festen Größe in der internationalen Klavierszene. Seither zählt allein das Solipsism-Stück »Sleeping Lotus« auf Spotify über 75 Millionen Klicks, und der Künstler erzielte mit seinem gesamten UMG-Katalog mehr als eine Milliarde Streams. Er gehört heute zu den meistgehörten Pianisten der Welt.
Der Zufall führte Beving zu Deutsche Grammophon. Christian Badzura, Vice President A&R New Repertoire des Labels, der von Bevings viralem Erfolg nichts wusste, hörte Solipsism zufällig in seiner Lieblingsbar in Berlin, wo eine der seltenen Vinylpressungen aufgelegt wurde. Er kontaktierte den Pianisten in Amsterdam und nahm ihn unter Vertrag. Die Zusammenarbeit begann im April 2017 mit der Veröffentlichung von Bevings DG-Debütalbum Prehension und setzte sich fünf Monate später mit einer Neuauflage von Solipsism fort. Im Oktober 2018 erschien das Album Conatus und präsentierte Neubearbeitungen von Stücken beider Alben durch Künstler:innen, die Beving schätzt – darunter Eefje de Visser, Andrea Belfi, Thomas Bloch, Tom Trago und das Cello Octet Amsterdam.
Beving veröffentlichte wenig später Henosis, den letzten Part seiner Albumtrilogie, die mit Solipsism begonnen hatte. Die Aufnahme erschien im April 2019 und wurde mit einem Edison Award ausgezeichnet; sie vertonte die Vorstellung ihres Komponisten von der Wechselbeziehung aller Lebewesen und der scheinbar unendlichen »Einheit«, die alles im Universum miteinander verbindet. »Dies ist meine Reise und meine Suche nach Verstehen«, erklärte er. Im Februar 2020 erschien eine erweiterte Version von Henosis und im darauffolgenden August eine neue EP, Joep Beving – The London Session. Aufgenommen in den Tileyard Studios in London, enthält sie eine eindringliche Gesangsfassung von »An Amalgamation Waltz 1839« aus Prehension, aufgenommen mit der Sopranistin Grace Davidson und dem Sonderling Quartet.
Bevings nachfolgende Projekte umfassen Hermetism (April 2022), ein Album, das sich mit antiken philosophischen Ideen über die Gesetze des Universums auseinandersetzt, sowie Post, ein neues Werk für Streicher, Klavier, Schlagzeug, Ney-Flöte und bulgarischen Frauenvolkschor. Post erschien im April 2023 als EP und verarbeitete Themen wie Entfremdung und Versöhnung, Fragmentierung und Heilung, Depression und Genesung. Die Musik diente als Vorlage und Soundtrack für einen gleichnamigen Kurzfilm von Autor und Regisseur Hugo Keijzer.
2025, zum zehnten Jubiläum von Solipsism, kehrte Beving ins Studio zurück und spielte das Repertoire des Albums neu ein. Die atmosphärischen Neuinterpretationen der elf introspektiven Stücke auf Solipsism Redux bewahren den unverkennbaren, minimalistischen Stil des Komponisten und eröffnen einen noch intimeren Einblick in seine Klangwelt. Solipsism Redux erschien am 22. August. Ein Konzertmitschnitt von Bevings Auftritt im Januar im hochmodernen ConcertLab in Utrecht ist auf STAGE+ zu sehen.
Joep (ausgesprochen »Juhp«) Beving wurde 1976 in der niederländischen Kleinstadt Doetinchem geboren. Schon früh entdeckte er seine Liebe zur Musik und gründete mit 14 seine erste Band. Nach einer Verletzung musste er sein Klavierstudium abbrechen und studierte stattdessen Public Policy und Verwaltungswissenschaften. Nach dem Studium arbeitete Beving in der Werbebranche, für die er Musik auswählte und komponierte. Der Grundstein für Solipsism wurde gelegt, als er eines seiner Stücke auf dem Flügel eines Hotels in Cannes spielte und erlebte, wie seine Musik das Publikum berührte. Diese Erfahrung brachte ihn dazu, nachts in der Küche seiner Amsterdamer Wohnung neue Stücke zu schreiben und sie in einzelnen Takes aufzunehmen. Sein minimalistischer Stil, geprägt von stiller Emotionalität, kennzeichnet seine Musik bis heute.
9/2025